© Erlanger Nachrichten

Wie Siemens seine Innovationskraft stärkt: Prof. Klaus Wucherer vor Managern

Aus der Zukunft die Trends erkannt

Der Grund für die Innovationsschwäche in Deutschland? Prof. Klaus Wucherer, Mitglied des Zentralvorstands der Siemens AG, kennt ihn: „Wir haben in den letzten 20 Jahren bei uns mehr die Probleme als die Chancen gesehen. Das ist in Asien anders.“

Wucherer (62), der im Zentralvorstand die Bereiche A&D, I&S, TS, die Regionen Asien und Australien sowie das Unternehmensprogramm „top+“ betreut, war Gast bei der Karl-Heinz-Hiersemann-Gesellschaft, dem Wirtschaftsrat für den Spitzenhandball in Erlangen. Im „Nägelhof“ skizzierte der erfolgreiche Leichtathlet — er ist in seiner Altersklasse mehrfacher Deutscher und Vizeeuropameister über Sprint- und Kurzstrecken — vor rund hundert Managern und Politikern aus Erlangen das Bestreben der Siemens AG, sich durch Innovationen die Spitzenpositionen auf dem Weltmarkt zu erkämpfen.

Das Metier des Kunden kennen

Der gebürtige Niedersachse, 1970 in die Siemens AG eingetreten, 1998 Vorsitzender des Bereichsvorstandes der Automatisierungs- und Antriebstechnik, seit 1999 im Vorstand, Vizepräsident des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik, gab den Mittelständlern aus Erlangen manche Tipps weiter. So sei es Grundvoraussetzung für das Geschäft, das Metier des Kunden genau zu kennen. Man solle sich aber auch alle drei Jahre im Rahmen eines Benchmarkings mit den größten Konkurrenten auf allen Gebieten vergleichen und dann die Defizite aufarbeiten. In Erlangen biete es sich an, mit seiner „Spitzenuniversität“ engstens Kontakt zu halten — wozu auch, wie der anwesende Universitätsrektor Prof. Grüske anmerkte, eine kostenlose Beratung durch die Technologietransferstelle dienlich sei.

Bei Siemens ist es von größter Wichtigkeit, Trends frühzeitig zu erkennen, ja selbst der Trendsetter zu sein. Man müsse sich vorstellen, wie die Welt in 20 Jahren ausschaue — und dann aus dieser Sicht heraus heute die entscheidenden Weichen stellen.

Aktuell nahm Wucherer auf Fragen aus dem Publikum zum Problemfall BenQ Stellung. Es habe durch den Verkauf für die Mitarbeiter die Chance bestanden, mit einem in Asien starken Partner eine Produkteinheit zu schmieden, die stärker sei als die eigene Produktion. Dies sei leider nicht gelungen. In diesem Zusammenhang zu unterstellen, bei dem Deal habe es sich um einen „billigen Abgang“ gehandelt, sei „völliger Unsinn“. Warum die Handys von Siemens nicht erfolgreich gewesen seien? „Wir waren nicht schnell genug“, meinte Wucherer auf diese Frage. Gerade in der Kommunikationstechnologie habe sich der Schwerpunkt von den USA nach Asien verlagert. „Dort sind die Innovationsführer, dort spielt heute die Musik.“

5,2 Mrd. Euro für F&E

Martin Böller, neben MdL Joachim Herrmann einer der beiden Vorsitzenden der Hiersemann-Gesellschaft, war zuvor auf ein Zitat des Siemens-Chefs Klaus Kleinfeld in einem EN-Interview eingegangen: „Forschung und Entwicklung und die damit verbundenen Innovationen sind ein Lebenselexier von Siemens.“ Der Konzern beschäftigt in F&E insgesamt mehr als zehn Prozent aller Mitarbeiter, nämlich 47200 in 38 Ländern — wobei Erlangen als einer der größten F&E-Standorte gilt. Im Geschäftsjahr 2004/2005, in dem 5,2 Milliarden Euro für Innovationen aufgewendet wurden, machten Forscher und Entwickler bei Siemens mehr als 8800 Erfindungen — etwa 40 pro Arbeitstag. Knapp zwei Drittel davon wurden zum Patent angemeldet. In Deutschland führt Siemens die entsprechende Statistik an, in Europa liegt der Konzern auf Platz 2. 

UDO B. GREINER 07.10.2006

Zurück

 
 
Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datens Weiterlesen …